Liebhabers Ständchen
“Wächst du noch, Liebchen, Gruß und Kuß!
Dein Liebster naht im Regengus.
Ihm lähmet Liebe Hand und Fuß;
Er möchte so gern zu seinem Schatz.”
“Wenn’s draußen noch so stürmisch ist
Ich kenne junger Bursche List,
Geh’ hin woher du kommen bist,
Ich laße dich nicht ein.”
“O laß mich ein die eine Nacht,
Die Liebe ist’s, die glücklich macht.
Horch, wie die Wetterfahnen weh’n!
Sieh’ wie die Sternlein untergeh’n!
Laß mich nicht hier im Regen steh’n,
Mach’ auf, mach’ auf dein Kämmerlein!”
“Der Sturm nicht, der in Nächten droht,
Bringt irren Wandrer grösse Noth,
Als einem Mädchen jung und roth,
Der Männer süße Schmeichelei’n.
Nein, nein, nein, nein,
Ich laße dich nicht ein!’
“O laß mich ein, o laß mich ein,
Die eine, die eine Nacht!
Weherst du Liebschen mir solche Huld,
So tödtet mich die Ungeduld,
Und meines frühen Todes Schuld
Trifft dich allein, ja dich allein!”
“Das Vöglein auch, das singt und fliegt,
Von Vogelstellers Liest besiegt
Zuletzt in böse Schlingen fällt,
Ruf: o traue nicht dem Schein!
Nein, nein, nein, nein,
Ich laße dich nicht ein!”
“Nein, nein, ich öffne nicht!
Wenn’s draussen noch so stürmisch ist,
Ich sag es dir die eine Nacht,
Ich laße dich nicht ein!”