Notturno
So müd hin schwand es in die Nacht,
Sein flehendes Lied, sein Bogenstrich,
Und seufzend bin ich aufgewacht.
Wie hat er mich so sanft gemacht,
So sanft und klar,
Der Traum, und war
Doch so sehr trüb und feierlich.
Hoch ging der Mond; das Schneegefild
Lag bleich und öde um uns her,
Wie meine Seele bleich und leer.
Denn neben mir, so stumm und wild,
So stumm und kalt wie meine Not,
Als wollt er weichen nimmermehr,
Saß starr und wartete der Tod.
Da kam es her: wie einst so mild,
So müd und sacht,
Aus ferner Nacht,
So kummerschwer
Kam seine Geige Hauch daher,
Und vor mir stand sein stilles Bild.
Der mich umflochten wie ein Band,
Daß meine Blüte nicht zerfiel
Ubnd daß mein Herz die Sehnsucht fand,
Die große Sehnsucht ohne Ziel:
Da stand er nun im öden Land
Und stand so trüb und feierlich
Und sah nicht auf noch grüßte mich,
Nur seine Töne ließ er irr’n
Und weinen durch die kalte Flur,
Und mir entgegen starrte nur
Aus seiner Stirn,
Als wär’s ein Auge hohl und fahl,
Der tiefen Wunde dunkles Mal.
Und trüber quoll das trübe Lied,
Und quoll so heiß, und wuchs, und schwoll,
So heiß und voll
Wie Leben, das nach Liebe glüht,
Wie Liebe, das nach Leben schreit,
Nach ungenossener Seligkeit,
So wehevoll,
So wühlend quoll
Das Strömende Lied und flutete,
Und leise, leise blutete
Und strömte mit
Ins bleiche Schneefeld, rot und fahl,
Der tiefen Wunde dunkles Mal.
Und Müder glitt die müde Hand,
Und vor mir stand
Ein bleicher Tag,
Ein ferner bleicher Jugendtag,
Da starr im Sand
Zerfallen seine Blüte lag,
Da seine Sehnsucht sich vergaß
In ihrer Schwermut Uebermaß
Und ihrer Traurigkeiten müd
Zum Ziele schritt;
Und laut auf schrie das weinende Lied,
Das wühlende, und flutete,
Und seiner Saiten Klage schnitt
Und seine Stirne blutete
Und weinte mit
In meine starre Seelennoth,
Als sollt ich hören ein Gebot,
Als müßt ich jubeln. daß ich litt,
Als möcht er fühlen, was ich litt,
Mitfühlen alles Leidens Schuld
Und alles Lebens warme Huld,
Und weinend, blutend wandt’ er sich
Ins bleiche Dunkel, und verblich.
Und bebend hört’ ich mir entegehn,
Entfliehn seib Lied. Und wie so zart,
So zitternd ward
Der langen Töne fernes Flehn,
Da fühlt’ ich kalt ein Rausches wehn
Und grauenschwer
Die Luft sich rühren um mich her,
Und wollte bebend nun ihn sehn,
Ihn lauschend sehn,
Der wartend saß bei meiner Not,
Und wandte mich: –da lag es kahl,
Das bleliche Feld, und fern und fahl
Entwich ins Dunkel auch der Tod.
Hoch hing der Mond, und mild und müd
Hin schwand es in die leere Nacht,
Das flehende Lied,
Und schwand und schied,
Des toten Freundes flehendes Lied
Und seufzend bin cih aufgewacht.