01. Der alte König zog zu Wald
Alt:
Der alte König zog zu Wald,
Das ist ein Jagen heute!
Der Renner schnaubt, das Hifthorn schallt,
Im Busche bellt die Meute.
Cor:
Auf zur Jagd! Auf zur Jagd!
Ihr Jäger, auf zur Pirsch!
Wir woll’n den Hirsch erjagen,
Den edlen, rothen Hirsch.
Der Tag steigt auf in Frische,
Der Hirsch kehrt heim vom Feld,
Frisch auf in’s Gebüsche,
Wo er den Wechsel hält!
Alt:
Und als die Sonn’ im Mittag steht,
Da hat im Buchengehege
Des Königs rosiges Töchterlein
Verloren sich vom Wege.
Sie reitet sacht, es reitet mit ihr
Der Pag’ im gelben Haare,
Und wäre sie nicht des Königs Kind,
Sie taugten zum schönsten Paare.
Er schaut sie an, sein Herz erbebt,
Der Forst wird immer dichter,
Die Wangen brennen ihm bis zum Stirn,
Mit brennenden Wangen spricht er:
Page:
“Du hold holdselige Prinzeß,
Ich kann’s nicht mehr verschweigen,
Mein junges Herz, das bricht vor Lieb’,
Mein Herz, das ist dein eigen!
O dürft’ ich auf den roten Mund
Ein einzigmal dich küßen!
Ich wäre der seligste Mann von der Welt,
Sollt’ ich drum sterben müssen.”
Alt:
Sie sagt nicht ja, sie sagt nicht nein,
Sie hemmt des Rosses Zügel,
Und als sie sich vom Sattel schwingt,
Da hält er ihr den Bügel.
Princeß und Page:
“Komm, laß und wandeln in tiefen Wald!”
“Wie sind so schattig die Lauben!”
“Und hörst du die Nachtigall?”
“Und die girren die Turteltauben?”
“O schau die rote, die wilde Rose
Wie im grünen Moos sie blüht”
“O gleich der rothen, wilden Ros’
Mein Herze brennt und glühet!
“Schau die rothe, wilde Ros’,
Ich pflück’ sie dir, geliebter Mann!”
“Am meinem Herzen, heft’ ich sie an!”
“O traulich Minnen, selig Loos!”
Alt:
Sie ruhn im Moos bei der wilden Ros’
Die Rosse lassen sie grasen,
Sie hören nicht mehr die Nachtigall
Und nicht der Jäger Blasen.
Du alter König, harre nicht!
Die schönste der Prinzessen
Sie hat in deines Pagen Arm
Dich und die Welt vergessen.